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10. November 2003
10. November 2003, jener schreckliche Tag, der unser aller Leben veränderte. Montag Morgen, unser Sohn Christoph sitzt am Frühstückstisch, es ist 7.30 Uhr. Bevor ich zur Arbeit gehe, setze ich mich noch kurz zu ihm und sage, dass er vorsichtig mit dem Moped fahren soll, da es nebelig ist. Seine Antwort: „ Ja, ja Mama“, ein letztes Tschüß und ein kleiner Kuss auf die Wange. Pünktlich um 8.00 Uhr verlässt er das Haus, um mit dem Moped zur Schule zu fahren. Etwa 10 Minuten später erreicht mich ein Anruf eines Bekannten aus dem Nachbarort. „Ihr Sohn hat einen schweren Unfall.“ Sofort fahren mein Mann und ich an die genannte Kreuzung im 3 klm entfernten Ort. Der Verkehr staut sich bereits im Ortskern. Bevor wir eine Parkmöglichkeit finden, spring ich aus dem Auto und lauf zur genannten Stelle. Etwa 20 Meter entfernt von der Kreuzung sehe ich unseren Jungen im Arm einer Bekannten liegen. Das Moped liegt im Graben. Christoph hat den Helm noch auf und auch den Rucksack noch umgeschallt. Durch den geöffneten Helm streichle ich ihn an der Wange, “mein Junge, was ist denn passiert ?“ Inzwischen ist mein Mann auch eingetroffen. In diesem Moment wird Christoph ohnmächtig und schließt die Augen. Wenige Augenblicke später trifft der Krankenwagen mit dem Notarzt ein. Gemeinsam heben wir unseren Jungen auf die Trage und schneiden ihm die Träger vom Rucksack ab. Erst jetzt bemerken wir den großen weißen Lastzug auf der anderen Seite der Straße. Die vordere linke Seite ist stark beschädigt. Bis zu diesem Moment glaubte ich noch an einen harmlosen Unfall. Nach Aufnahme der Formalitäten durch die Polizei fuhren wir nach Jena in die Unfallchirurgie. Christoph wurde erst 15 Minuten später eingeliefert und sofort in den OP gebracht. Die Ärzte hatten noch an der Unfallstelle versucht, ihn zu reanimieren, wie wir später erfuhren. Nach einer endlosen Stunde wurden wir durch den Oberarzt informiert, dass Christoph schwere innere Verletzungen habe. Er werde z.Zt. noch operiert. Genaues kann man noch nicht sagen. Ich verstand immer noch nichts. Vielleicht auch deshalb, weil ich durch die Schwestern mit Beruhigungsmitteln ruhig gestellt wurde. Nach weiteren 45 Minuten kam der Arzt zu uns, der die OP geleitet hatte. Er schloss hinter sich die Tür, und teilte uns mit, dass sie für unseren Christoph nichts mehr tun konnten. Er hatte so schwere innere Verletzungen, dass er verblutet ist. Christoph hatte keine Chance. Ich schrie auf und schlug mit den Fäusten gegen die Wand. Wir konnten es nicht verstehen, dass unser geliebtes Kind an den Verletzungen gestorben ist. Sofort fragten wir den Arzt, ob wir zu unserem Sohn können. Nach etwa 10 Minuten wurden wir in einen Raum der Intensivstation gebracht. Dort lag unser Junge, die Hände gefaltet. Er sah aus wie ein Engel, der schlief. Christoph hatte keine äußeren Verletzungen. Sofort küsste und streichelte ich Ihn. Inzwischen wurde ein Seelsorger gerufen, um uns Trost zu spenden. Wir waren in einem Schockzustand, und konnten nicht weinen. Nach etwa einer Stunde, die wir an Christophs Bett gesessen haben, versuchte ich, unsere Tochter telefonisch in Gera zu erreichen. Ich sagte ihr nur, dass sie kommen soll, ihr Bruder hat einen Unfall. Meine Mutti ließ ich durch eine Mitarbeiterin nach Jena bringen, ohne ihr Christophs Tod mitzuteilen. Beide trafen dann in der Klinik ein. So verbrachten wir einige Stunden in Christops Nähe. Ein Zusammenbruch folgte dem anderen. Die Schwestern der Station und der Seelsorger waren sehr bemüht um uns. Wir wurden mit Beruhigungsmitteln und frischen Getränken versorgt. Am späten Nachmittag fuhren wir dann nach Hause. Wir informierten unsere engsten Verwandten und Freunde, und die Schule, in der Christoph schon vermisst wurde. Unmittelbar nach diesen Telefonaten trafen die ersten guten Freunde ein , um uns Trost zu spenden. Erst später begriffen wir, wie wichtig das für uns war. Wir wussten ,wir sind nicht allein. Der Direktor der Schule und die Kursleiterin kamen auch noch vorbei. Die nächsten Tage waren ausgefüllt mit Beileidsbesuchen und den notwendigen Vorbereitungen für die Trauerfeier. Heute fragen wir uns, wie wir das geschafft haben. Wir waren in einem Trance-Zustand. |
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© Fam. Gaßmann |